Richard Faltin jun. wurde  am 28.10.1868 als Richard Wilhelm Gottlieb Faltin in Vyborg, Russland geboren. Seine Eltern waren der deutschstämmige Komponist und spätere Musikprofessor Richard Faltin  und dessen Ehefrau Olga Aline Holstius. Richard Faltin jun. am 23.08.1952 in Helsinki (vgl. Ahnentafel Daniel Friedrich Faltin unter der Rubrik Ostpreussen - Faltin-Linien - Memel-Danzig). 

 

Richard Faltin jun. war von 1902 bis 1917 Privatdozent und von 1917 bis 1935 ausserordentlicher Professor für Chirurgie in Helsingfors, dem heutigen Helsinki in Finland. Der Schwerpunkt seiner Interessen lag in den Bereichen der Traumatologie und der plastischen Chirurgie. Für lange Zeit, war Faltin der einzige plastische Chirurg Finnlands.

 

Richard Faltin jun. gründetet die ersten finnische Gesellschaft für Chirurgie und Mitbegründer des ersten finnischen Rote Kreuz Hospital, dessen Leitung ihm in den frühen 1930er Jahren angetragen wurde. Dieses Angebot lehnte er jedoch mit Hinblick auf sein Alter und seinen Gesundheitszustand ab. 

 

Richard Faltin jun. hatte ein sehr bewegtes Leben. Als Leiter des Ambulanzwesens nahm er 1904 bis 1905 auf russischer Seite am Russisch-Japanischen Krieg in der Mandschurei teil. Dieselbe Funktion nahm er im Ersten Weltkrieg in Russland war. In den Jahren 1935 bis 1936 war er für die finnische Armee in Abyssinien/Äthiopien im Einsatz.

 

Seit seiner Kindheit verband Richard Faltin eine enge Freundschaft mit Baron Carl Gustaf Emil Mannerheim, dem Oberbefehlshaber der finnischen Armee im Winterkrieg von 1939/40 und späteren finnischen Staatspräsident. Faltin und Mannerheim hatten zusammen die Böök-Schule in Helsinki besucht und ihre Lebenswege kreuzten sich immer wieder; so zum Beispiel beim gemeinsamen Einsatz in Mandschuria.

 

Als im Jahre 1904 ein junger finnischer Nationalist ein Attentat auf den  russischen Generalgouverneur von Finland Nikolai Iwanowitsch Bobrikow verübte, wurde Richard Faltin jun. gerufen um den schwer verletzen zu retten. Trotz bester Bemühungen erlag Bobrikow seinen Verletzungen. Die finnischen Nationalisten nahmen Faltin seine Bemühungen um das Leben Bobrikows übel.

 

Als Sohn eines Komponisten war auch die Musik auch für Richard Faltin jun. von grosser Bedeutung. Er galt als virtuoser Geigenspieler, und er trat regelmässig im Streichquartett Jean und Christian Sibelius auf. In seinem Besitz befand sich sogar eine Amati-Violine (die bis 2012 als Stradivarius galt). Er unterstützte den Geigenbau in Finnland und war 1947 der Gründer der Violin Builders Association.

 

Faltin galt als sehr prinzipientreu. Er rauchte nicht, trank keinen Alkohol und legte grössten Wert auf moralische Reife und gute Umgangsformen. Sein Motto, dass auch auf seinem Grabstein verewigt wurde lautetet "Inter Arm Caritas". Vertreter der finnischen Gesellschaft für Chirurgie legen noch heute, jedes Jahr an seinem Todestag Blumen auf sein Grab.

Faltin war bis ins hohe Alter für die finnische Armee tätig. Bei seinem Tod im Jahre 1952 galt er als der "älteste Soldat der finnischen Armee". Er hat an vielen Kampfeinsätzen teilgenommen, so im griechisch-türkischen Krieg 1897, im russisch-japanischen Krieg 1904 - 1905,  im Ersten Weltkrieg 1914-1918, im Finnischen Bürgerkrieg 1918, im Italienisch-Abessinischen Krieg 1936, im Winterkrieg 1939-1940 und im Fortsetzungskrieg 1941-1944. 

 

Dieses Bild zeigt den Umschlag des Buches "Richard Faltin Sotakirurgi ja punaisen ristin työntekijä" aus dem Jahr 1967. Faltin trägt auf dem Bild den Ritterorden des Freiheitskreuzes [Vapaudenristin ritarikunta] (sog. Mannerheim-Kreuz), erster Klasse mit Bruststern. Der Orden wurde 1918 von Faltins engem Freund, dem  General und Reichsverweser Carl Gustav Emil Baron v. Mannerheim gestiftet.

Im Jahre 1935 leitete Richard Faltin jun. die Ambulanzeinheiten des finnischen Roten Kreuzes, welche Finnland nach Abyssinien/Äthiopien entsandt hatte um das Land im Krieg gegen Italien zu unterstützen. Die finnischen Freiwilligen dieser Mission wurden unter dem Namen Löwen von Solomon bekannt. Das Bild zeigt die finnische Gedenkmedaille für den Einsatz der Löwen von Solomon. Bezeichnenderweise trägt sie das Konterfei von Richard Faltin.

 

Faltin schloss im Jahr 1890 sein Studium der Medizin ab, promovierte 1899 und nochmals 1907 an der Universität Helsinki zum Doktor der Medizin und Chirurgie. Faltin betrieb auch medizinische Forschung. Die Forschung in der Dissertation ("Migration von Bacterium Coli Commune in die Harnblase") wurde hauptsächlich in Paris durchgeführt.

Faltin arbeitete seit 1896 im Allgemeinen Krankenhaus für Chirurgie in Helsinki, zuerst unter Prof. F.W. v. Schulten und dann unter Prof. Krogius. Er war seit 1917 Leiter der Propädeutischen Klinik und 1931-35 Abteilungsarzt.

1917 wurde Faltin zum außerordentlicher Professor an der Universität Helsinki ernannt, als einzigem Chirurgen, dem diese Auszeichnung aufgrund seiner wissenschaftlichen und chirurgischen Verdienste verliehen wurde. Faltin war ein vielseitiger Chirurg, der sich in späteren Jahren auf Traumatologie, Orthopädie und plastische Chirurgie konzentrierte.

Faltin lud am 23. November 1925 zu einem Treffen der Finnischen Gesellschaft für Chirurgie ein und leitete am 13. Dezember 1925 eine Sitzung, als der finnische Chirurgieverband - Kirurgföreningen i Finland gegründet wurde. Faltin war 1925/30 erster Vorsitzender des Chirurgieverbandes und wurde 1936 zum ersten Ehrenmitglied des Vereins gewählt. Er hat sogar darauf hingewiesen: "Wenn ich nichts anderes getan habe, habe ich immer noch die Surgical Association in Finnland gegründet."

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