Richard Faltin war ein finnischer Komponist, Orgelvirtuose, Kapellmeister und Musiklehrer deutscher Herkunft. Er hat sich grosse Verdienste um die musikalische Entwicklung Finnlands erworben. Sein bekanntester Schüler war der Komponist Jean Sibelius.
Richard Faltin wurde als Friedrich Richard Faltin am 5. Januar 1835 als drittes von sieben Kindern in Danzig geboren. Seine Eltern waren der Kaufmann Hans Heinrich Eduard Faltin (*1796, +1877) und dessen Frau Emma Rosette Hollart (*1808, +1893). Richard Faltins Familie stammte ursprünglich aus Memel. Sein Grossvater war der Hofrat Johann Daniel Friedrich Faltin. Er ist 1818 mit seiner Familie von Memel nach Danzig gezogen, wo er sich als Kaufmann niederliess. (Die gesamte Stammreihe ist unter der Rubrik Ostpreussen - Danzig-Memel auf dieser Webseite zu finden.)
Die Danziger Faltins waren Grosskaufleute, Beamte und Offiziere. Richard Faltin wuchs im grossbürgerlichen Milieu der prominenten Danziger Langgasse auf. Er starb am 1.06.1918 in Helsingfors, dem heutigen Helsinki in Finnland.
Richard Faltins Vater, Hans Heinrich Eduard Faltin, war ein begeisterter und talentierter Hobby-Musiker. Er spielte Flöte, Oboe, Geige, Gitarre und sang als Tenor in einem Chor. Als Richard Faltins ältester Bruder Klavierstunden bekam, zeigte sich Richards ausserordentliches musikalisches Talent. So konnte er im Alter von 5 oder 6 Jahren den Lektionen besser folgen als sein älterer Bruder. Richard erhielt sodann ebenfalls Klavierstunden bei Benigna Meyer (1816-1907). In der Folgezeit lernte er sehr schnell Klavier, Geige und Flöte und später auch die Orgel zu spielen.
In seinem Elternhaus gab es regelmässige Musikabende, zu denen Musiker des Danziger Theaterorchesters eingeladen wurden. Im Alter von 10 Jahren komponierte Richard Faltin bereits vierstimmige Lieder im Stil von Carl Löwen und Felix Mendelssohn-Bartholdy. Während seiner Schulzeit komponierte Richard Faltin zahlreiche Lieder, Chorwerke und Klavierstücke.
Nach Abschluss der Schule studierte Richard Faltin zunächst Orgelspiel, Musiktheorie und Komposition bei Friedrich Wilhelm Markull (1816-1887) in Danzig. Seit 1852 studierte er bei Friedrich Schneider (1786-1853) in Dessau. Nachdem dieser bereits 1853 gestorben war, zog Faltin nach Leipzig, um seine Studien am dortigen Konservatorium fortzusetzen. Im Herbst 1855 schloss er seine Studien mit herausragenden Bewertungen ab. Zu seinen Lehrern gehörten neben den genannten Wilhelm Markull und Friedrich Schneider noch Louis Plaidy (1810-1874), Ignaz Moscheles (1794-1870), Ernst Friedrich Richter (1808-1879) und Friedrich Hermann (1828-1907).
Im Frühjahr 1856 stand Richard Faltin die Welt offen. So hatte er gleich drei Stellenangebote, und zwar im thüringischen Coburg, im entfernten Jerusalem und in Vyborg, dass damals zum russischen Zarenreich gehörte. Richard Faltin entschied sich für Vyborg.
In Vyborg war er zunächst als Musiklehrer an der deutschen Schule tätig. Offenbar war ihm dies nicht genug. Denn schon bald gründete Richard Faltin den ersten Gesangs- und Orchesterverein von Vyborg, den er selber leitete. Er nahm damit grossen Einfluss auf das Kulturleben der Stadt.
Im Jahr 1869 ging Richard Faltin, der inzwischen verheiratet war und eine Familie gegründet hatte, nach Helsingfors, dem heutigen Helsinki. Dort war er Kapellmeister am Schwedischen Theater. Von 1873 bis 1879 war er zudem Dirigent der Oper und seit 1882 war er Leiter, des von ihm gegründeten, Oratorienvereins zu Helsingfors. Ausserdem betätigte er sich als Musikkritiker, war Universitätsmusikdirektor und Gründer der heutigen Sibelius Akademie wo er Orgelunterricht erteilte.
Im Jahr 1896 erhielt Faltin eine Professur an der Universität Helsingfors. Zu seinen Schülern zählten verschiedene Musiker, die später grossen Einfluss auf das Musikleben Finnlands und darüber hinaus haben sollten, so zum Beispiel Martin Wegelius (1846-1906), Robert Kajanus (1856-1933), Jean Sibelius (1865-1957) and Ilmari Krohn (1867-1960).
Von 1870 bis 1913 war Richard Faltin Organist an der Nikolaikirche (der heutigen Kathedrale von Helsinki). In dieser Position nahm er grossen Einfluss auf die Entwicklung der Kirchenmusik in Finnland. Seine grosse Liebe galt zudem den Volksliedern. So tat sich Richard Faltin als Sammler finnischer Volkslieder hervor.
Sein Wirken in Finnland wurde von regelmässigen Konzertauftritten und Reisen nach Deutschland unterbrochen. So besuchte er 1876 Richard Wagner in Bayreuth und nahm an den ersten Wagner-Festspielen teil. Über sein Treffen mit Wagner berichtete Richard Faltin 1905 in "En soirée hos Wagner", Finsk Musikrevy 7/1905, p. 123.
Neben Friedrich Pacius, gilt Richard Faltin als der bedeutendste Vertreter des deutschen Einflusses auf die finnische Musik. Der Komponist Karl Flodin sagte im Jahr 1900 über Richard Faltin: "Er überwachte die Kunst des üppigen, vielseitigen Dilettantismus, verfeinerte den allgemeinen Geschmack, erweckte die Liebe zu Musik, Ordnung und Arbeit und er zeigte seinen Orchestern und Chören, wie süß der Kern schmeckt, wenn die harte Schale einmal gebrochen ist."
Richard Faltin komponierte zahlreiche Choräle, die noch heute zum Standardrepertoire der evangelischen Kirche in Finnland zählen. Besonders beliebt sind seine Vertonungen der finnischen Choräle "Me kiitämme sinua" und "Hilariuksen kiitosvirsi". Die Melodie des letzteren Chorals erinnert an das noch heute sehr bekannte Lied "Zogen eins fünf wilde Schwäne", dass Richard Faltin noch in Danzig komponiert hat.
Neben seinen kirchlichen Werken hat Faltin zahlreiche weltliche Chorwerke und Lieder hinterlassen. Zu seinen bekanntesten Orchesterwerken zählt das 1890 entstandene Promo album, dass auf dem Kalevala-Thema der finnischen Volkssage beruht. Zu Richard Faltins Werken zählen auch zwei Klaviersonaten aus dem Jahr 1850, sowie einige Choralbücher, Orgelpräludien und Choralschlüsse. Das nebenstehende Bild zeigt die erste Seite des von Faltin herausgegebenen Choralbuchs in schwedischer und finnischer Sprache.
Zu Faltins Frühwerken zählt das Lied "Zogen einst fünf Wilde Schwäne", dass vermutlich in den 1850er Jahren in Danzig entstanden ist. Das Lied gehört heute zur Erinnerungskultur der Heimatvertriebenen aus Ost- und Westpreussen und gilt als eines der bekanntesten Antikriegslieder in Deutschland. Allein 1980 bis 1999 kamen über 50 Liederbücher mit dem Lied heraus. Von der ostpreußischen Dichterin Agnes Miegel ist eine gesprochene Aufnahme des Liedtextes überliefert.
Die Urheberschaft des Liedes ist wohl schon Anfang des 20. Jahrhunderts verloren gegangen und das Lied wurde als echte Volksweise verstanden. Gelegentlich wurde es sogar nach Litauen verortet, obwohl eine litauische Fassung nie nachgewiesen werden konnte. Eine Textfassung des Liedes verweist nach Memel als Bezugsort des Liedes; eine andere bezieht sich auf die Ostseeküste insgesamt und schliesst somit das früheste Verbreitungsgebiet in Danzig, bzw. die Danziger Bucht mit ein. In Anbetracht der Tatsache, dass Richard Faltin in Danzig geboren wurde, seine Familie aber aus Memel stammte, ist es gut vorstellbar, dass beide Textversionen auf ihn zurückgehen.
Das nebenstehende Bild zeigt die erste Strophe des Liedes, aus einer Veröffentlichung des Danziger Musikalien-Verlages von Constantin Ziemssen aus den 1860er Jahren. Das Textblatt nennt Richard Faltin als Schöpfer von Melodie und Text des Liedes. Das Original des Textblattes befindet sich im Besitz von Dr. Ruprecht Ziemssen, einem Nachfahren von Constantin Ziemssen und Rose Faltin aus Danzig.
Ein seltenes Kinderbild aus der Frühzeit der Fotografie zeigt Richard Faltin (rechts) mit seinen Geschwistern Wilhelm, Rose und Hermann. Das Foto wurde im Jahr 1843 in Danzig aufgenommen. Rose Friederike Marie Faltin ( *3.05.1833, + 1921) heiratete 1861 Constantin Friedrich Wilhelm Ziemssen, der eine bekannte Buch- Kunst- und Musikalienhandlung und einen Musikverlag in Danzig (Langgasse 55) betrieb.
Quelle:
http://www.daguerreobase.org/it/browse/indeling/detail?q_searchfield=faltin&language=it-IT
Das nebenstehende Bild zeigt Richard Faltin im Alter von 17 Jahren als Student in Dessau.
Quelle
http://www.daguerreobase.org/it/browse/indeling/detail/start/2?q_searchfield=faltin&language=it-IT
Richard Faltin im Alter von etwa 25 Jahren. Das Bild wurde also wohl um 1860 aufgenommen, als Richard Faltin als Musiklehrer in Vyborg tätig war.
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